Bäume der Hoffnung für Haiti

Nicht die Angst um eine Ansteckung mit dem Coronavirus oder die Sorge um eine mögliche Impfung hält die Menschen in Haiti derzeit auf Trab. Es sind die heftigen Unruhen und die hohe Gewaltbereitschaft in den Straßen der Städte des Karibikstaates, die das Land aufwühlen und das ohnehin schwierige Leben der Menschen dort stark behindern.

Doch gerade in einer solch unsicheren Zeit ist es wichtig, dass der gebeutelten Bevölkerung positive Perspektiven vermittelt werden. So haben Angelika Hoffmann und ihre Mannschaft von Haiti-Farnières im letzten Jahr ein fünf Hektar großes Grundstück in der Ortschaft Mamoulé im Norden Haitis erworben, auf dem in den nächsten Monaten ein landwirtschaftliches Zentrum entstehen wird.

Lebensmittel werden vermarktet, um das Zentrum mitzufinanzieren.

Hier werden nicht nur Obst und Gemüse angebaut, es werden auch Geflügel und Kaninchen für den Verkauf auf den Märkten der Umgebung gezüchtet. Man möchte mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die Lebensmittel werden vermarktet und sollen somit das Zentrum mitfinanzieren. Außerdem soll ein in der Nähe liegendes Krankenhaus mit Nahrungsmitteln versorgt werden. In haitianischen Hospitälern ist es nämlich so, dass die Familien ihre kranken Angehörigen mit Essen versorgen müssen. Ferner werden Schüler einer benachbarten Landwirtschaftsschule die Möglichkeit haben, hier ein Praktikum zu absolvieren.

Ganz im Sinne des italienischen Pfarrers und heiligen Don Bosco, der die Ausbildung von Jugendlichen als Priorität seiner Arbeit sah. Den jungen Menschen bietet sich hier auch die Möglichkeit, von Grund auf zu lernen, ein eigenes Unternehmen so zu führen, dass es letztendlich auch Gewinn abwirft.

Das neue Projekt hat aber noch einen Hintergedanken. In Haiti gelten landwirtschaftliche und handwerkliche Berufe oftmals als „niedere Arbeit“. Dieser Gedanke rührt noch aus der Zeit, als die Menschen auf den Zuckerrohr-Plantagen als Sklaven schuften mussten. Handelt es sich bei der haitianischen Bevölkerung doch fast ausschließlich um Nachkommen dieser aus Westafrika eingeschleppten Sklaven. „Wir möchten den Menschen mit diesem Zentrum vermitteln, dass körperliche Arbeit nicht schlecht ist und dass man es damit zu einem gewissen Wohlstand bringen kann“, so Angelika Hoffmann.

Die Bornerin, die seit 2012 in Haiti lebt und in verschiedenen Projekten von Haiti-Farnières arbeitet, verfolgt mit diesem landwirtschaftlichen Zentrum eine seit Langem durchdachte Idee.

Wie oben erwähnt steht sie natürlich nicht alleine da mit ihrer Arbeit. Alle Projekte werden von Haiti-Farnières unterstützt. Diese Hilfsorganisation wurde 2001 im Don-Bosco-Haus in Farnières, einem Dörfchen in der Nähe von Trois-Ponts gegründet.

Ein Jahr später stieß Angelika Hoffmann hinzu. Mittlerweile besteht das Team aus rund 20 deutsch- und französischsprachigen Mitgliedern. Dass man eine Person wie Angelika Hoffmann vor Ort hat, ist natürlich ein großes Plus. Alle Spenden werden in Haiti von ihr verwaltet. „Oft wird davon gesprochen, dass Spendengelder nicht ankommen. Bei uns kommt jeder Euro dort an, wo er benötigt wird.“ Der Rotary-Club St.Vith hat die finanzielle Unterstützung des Zentrums für das kommende Jahr angekündigt. Sehr zur Freude aller Beteiligten.

Doch zurück zum erworbenen Grundstück, das seit einigen Monaten von Köhlern urbar gemacht wird. Sämtliche Sträucher wurden beseitigt und zu Holzkohle verarbeitet, was in Haiti ein wichtiges Brennmaterial zum Kochen ist. Ein Zufahrtsweg wurde angelegt und eine waagerechte Betonplatte gegossen, um Material oder gar einen Container darauf zu positionieren. Außerdem wurde ein Brunnen gebohrt und seit einiger Zeit fließt nunmehr das Wasser.

In den kommenden Wochen steht die kostspielige Umzäunung der Parzelle an. „Es muss ein fester Zaun sein, der alle Anpflanzungen vor herumstreunenden Tieren und vor Diebstahl schützt“, weiß Angelika Hoffmann zu berichten.

Nach Abschluss dieser wichtigen Arbeit kann es dann losgehen. Im Frühjahr sollen bis zu 1.500 Obstbäume gepflanzt und die ersten Gärten angelegt werden. Im Spätsommer werden dann voraussichtlich schon die ersten Praktikanten in Mamoulé ankommen und mit anpacken.

Es werden Patenschaften für die Bäume angeboten.

Für das Pflanzen der Bäume haben sich die Verantwortlichen von Haiti-Farnières etwas Besonderes einfallen lassen. Wer dieses Projekt finanziell unterstützen möchte, kann eine Baum-Patenschaft eingehen. Es gibt zwei von der Steuer absetzbare Optionen: eine Spende von 40 Euro oder 75 Euro. Die letztere Variante sieht vor, dass der Baum mit einer wetterfesten Namensplakette versehen wird. So kann der Sponsor seinen eigenen Namen oder den eines Angehörigen in Haiti verewigen lassen.

Diese Aktion soll nicht nur zur Finanzierung dienen, sondern auch die Verbindung der Spender mit dem Projekt und insbesondere mit der haitianischen Bevölkerung ausdrücken. Interessenten können sich bei Karl-Heinz Bodarwé oder Albert Desenfants, den beiden hiesigen Mitstreitern der Organisation, melden.

Auch wenn ein solches Projekt nur ein Tropfen auf dem heißen Stein zu sein scheint, stellt es doch eine große Hoffnung für die Bevölkerung des ärmsten Staates der westlichen Hemisphäre dar. Die Einwohner der Orte, die in der Nähe von Mamoulé leben, freuen sich natürlich sehr über die Aufwertung ihrer ärmlichen Gegend. Besondere Freude herrscht über die Tatsache, dass ein solches Zentrum Arbeitsplätze bietet. Vor allem zur Erntezeit werden viele fleißige Hände vonnöten sein. So ist nun schon aus „Blanche“, wie Angelika Hoffmann anfangs von den Einheimischen genannt wurde, respektvoll „Miss Angelika“ geworden. Weitere Informationen: Mail khbodarwe@ gmail.com oder albert.desenfants@ gmail.com

 

Quelle: GrenzEcho